Primär Progressive Aphasien

verfasst von Mag. Dr. Thomas Bodner, MSc.

Primär progressive Aphasien zählen zu den selteneren Demenzerkrankungen. Dennoch sind Klinische PsychologInnen in der Neuropsychologie vor allem in der Diagnostik immer wieder damit konfrontiert. In der Zeitschrift Neurology sind heuer zumindest vier Artikel zu diesem Thema publiziert worden (Memory Resilience in Alzheimer Disease With Primary Progressive Aphasia; Preservation of Memory in Alzheimer-Related Primary Progressive Aphasia Glass Half Full; Clinical, Imaging, and Pathologic Characteristics of Patients With Right vs Left Hemisphere–Predominant Logopenic Progressive Aphasia; Primary Progressive Aphasia Associated With GRN Mutations New Insights Into the Nonamyloid Logopenic Variant). 
An dieser Stelle möchte ich eine kurze Zusammenfassung des Artikels „Clinical, Imaging, and Pathologic Characteristics of Patients With Right vs Left Hemisphere–Predominant Logopenic Progressive Aphasia“ für Sie wiedergeben. 
In dieser Studie wurden 103 Patienten mit einer logopenischen Variante einer primär progressiven Aphasie (LPA) - 95 als linkshirnig dominant tLPA (typical LPA), 8 als rechtshirnig dominant (rLPA) klassifiziert – hinsichtlich demographischer, klinischer, neuroradiologischer und pathologischer Charakteristika untersucht. Alle Patienten waren Rechtshänder. Patienten mit einer rLPA hatten eine mildere Sprachstörung und weniger phonologische Fehler. Keine Unterschiede fanden sich in anderen neuropsychologischen Tests. Die Überlebenszeit von Patienten mit einer rLPA war im Vergleich kürzer als die der Patienten mit einer tLPA. Patienten mit einer rLPA zeigten einen größeren frontotemporalen Hypometabolismus der nicht-dominanten Hemisphäre und weniger Atrophie in der Amygdala und im Hippocampus der dominanten Hemisphäre. Am häufigsten fanden sich bei beiden Gruppen Alzheimerpathologien in der Autopsie. Die Autoren (Buciuc M et al.) schlussfolgern in ihrer Studie, dass die rLPA zwar mit einer geringen Aphasie einhergeht die Überlebensdauer vom Zeitpunkt der ersten Symptome an aber kürzer ist als bei der Patienten mit einer tLPA, was möglicherweise auf eine größere Beteiligung der nichtdominanten Hemisphäre zurückzuführen ist. 
An dieser Stelle noch ein kurzer Exkurs zu den Primär progressiven Aphasien: Nach Grono-Tempini et al (2011) können Primär progressive Aphasien in drei Untergruppen eingeteilt werden; in die nichtflüssige / agrammatische Variante, in die semantische Variante und in die logopenische Variante; Korrelate sind fokale, asymmterische Neurodegenerationen im Frontal-, Temporal oder Parietallappen. Die unterschiedliche Lokalisation der Schädigung bedingt auch die unterschiedliche Symptomatik (z. B. flüssige vs. nicht-flüssige Aphasie).

Sollten Sie sich weiter für diese neuropsychologischen Störungsbilder interessieren, kann auf eine vielfältige Literatur verwiesen werden (z.B. Bodner T, Domahs F, Benke T. Primäre progressive Aphasie: kanonische und nicht-kanonische Formen? Ein Fallbericht. Zeitschrift für Neuropsychologie, 26 1 ). 
Neuropsy – das Institut für neuropsychologische Bildung – bietet zu diesem Thema im November und Dezember 2022 eine 4-teilige Webinarreihe, mit Prof. Dr. Juliane Klann, Professorin für Logopädie & Neurolinguistik an der SRH Hochschule für Gesundheit, Campus Heidelberg.