"The amnestic syndrome of posterior cerebral artery infarction"
von: Benke T, Bodner T, Wiesen D, Karnath HO;

verfasst von Mag. Dr. Thomas Bodner, MSc.

In der aktuellen Arbeit von Benke et al. wurden 84 Patienten mit akuten ischämischen Infarkten im Versorgungsgebiet der A. cerebri posterior hinsichtlich ihrer episodischen Gedächtnisfunktionen und Hirnläsionen untersucht. Ziel der Studie war zu erfahren, wie die neuronalen Gedächtnissysteme organisiert sind. Zur Beurteilung des verbalen und figuralen Gedächtnisses wurden neuropsychologische Standardtests verwendet. Die Patienten wurden in solche mit und ohne Gedächtnisstörungen eingeteilt. Die Läsionen wurden abgegrenzt, normalisiert und anatomisch markiert. Von den 84 Patienten hatten mehr als 80 % ein amnestisches Syndrom, meist mit kombinierter Gedächtnisstörung, seltener mit figuraler oder verbaler Gedächtnisstörung allein. Eine Gedächtnisstörung bei Patienten mit linkshemisphärischen Läsionen war häufiger und schwerer, mit signifikant niedrigeren Werten in verbalen Gedächtnisaufgaben. Nach rechtshemisphärischen Läsionen war meist eine altersgemäße und intakte Leistungsfähigkeit oder figurale Gedächtnisdefizite vorherrschend. Ein Amnesie-Subtyp, der ausschließlich mit links- oder rechtshämispherischen Hirnverletzung verbunden gewesen wäre, fand sich nicht. Läsionen des Hippocampus und des Thalamus waren häufig, aber 30 % der Läsionen waren extrahippocampal im ventralen okzipito-temporalen Kortex und in den langen okzipitalen Bahnen der weißen Substanz lokalisiert. Die meisten amnestischen Patienten hatten kein Bewusstsein für ihre Gedächtnisstörung. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Gedächtnisstörungen eine wichtige klinische Manifestation eines akuten Schlaganfalls der A. cerebri posterior sind. Eine Gedächtnisstörung ist dabei häufiger und schwerwiegender nach einem linkshirinigen Schlaganfall, was auf eine linkshemisphärische Dominanz der beiden Gedächtnissysteme hindeutet. Das domänenspezifische Gedächtnis scheint nicht strikt lateralisiert zu sein, weil nach beidseitigen Läsionen Defizite im verbalen und figuralen Gedächtnis gefunden wurden. Drüber hinaus können auch extrahippocampale Läsionen zu Gedächtnisstörungen führen. 

Benke T, Bodner T, Wiesen D, Karnath HO. The amnestic syndrome of posterior cerebral artery infarction. Eur J Neurol. 2022

Der Letztautor dieser Arbeit, Dipl.-Psych. Prof. Dr. Dr. Hans-Otto Karnath, hält im April 2023 ein Seminar zum Thema Klinik, Diagnostik und Therapie des Neglektsyndroms/Pushersymptomatik bei uns. Seien Sie dabei!